© Sabine Plenk
Landschaftsplanerin und Gärtnerin
„Das stark verbaute Wiental wäre ein spannender Ort für ganz innovatives Denken im Einsatz von Pflanzen – ein Wiener Boulevard für neue grüne Mode – ganz subtil, ohne den Freiraum zu beschränken zur Unterstützung des dynamischen städtischen Lebensalltags in unserer besonderen Zeit!“
Interview
Ich würde Sie bitten sich kurz vorzustellen.
Nach der Schule habe ich meine Liebe zu Pflanzen mit praktischen Lehr- und Arbeitsjahren in gärtnerischen Betrieben vertieft. Zur „Pflanze in der Landschaft“, der natürlichen und gestalteten, fand ich dann während des Studiums in Wien und Umgebung. Ich lehre und forsche seit vielen Jahren an der Boku zur Pflanzenverwendung mit dem Schwerpunkt Stauden und pannonische Steppenvegetation.
Wie sehen Sie die aktuellen Entwürfe einer Markthalle am Naschmarkt-Parkplatz, aus Ihrer Fachperspektive?
Der Naschmarkt ist mir noch zu Zeiten bekannt, in denen es dort kaum ein Gastronomieangebot gab. Dieser besondere Markt bot mir einen ersten faszinierender Einblick in süd- und osteuropäische Lebens- und Handelskultur – in einer Zeit, in der ich auch die bunte Vielfalt der süd-osteuropäischen und submediterranen Steppenvegetation hier in Österreich entdeckt habe.
Bevor ich eine neue Markthalle bauen würde, müsste aus meiner Sicht der alte Markt „archeologisch“ bearbeitet werden und würdig in ein zeitgemäßes Nutzungskonzept eingehen. Vielleicht wäre dort eine galerieartige Einfassung mit Gründach und vertikaler Begrünung anzudenken – für Bäume gibt es in der bestehenden Baustruktur ohnehin keinen Raum.
Der Naschmarkt-Parkplatz muss auf jeden Fall frei und offen bleiben – die vielen Autos gehören weg und die Asphaltfläche reduziert! Frei von Barrieren und Abgrenzungen, offen für eine vielfältige Nutzung – weniger ist mehr!
Wie könnte eine andere Art der Nutzung und Gestaltung des Naschmarkt-Parkplatzes aussehen, welche die Lebensqualität der WienerInnen verbessert?
Wenn Markt, dann würde ich hier einen Markt für künftige Werte und Handelsgut zum „Überleben“ in der heißen Stadt initiieren – frische Luft, kühlendes Wasser, Diversität in viele Richtungen, viel Freiraum! Eine Wientaloase bevor es in das innerste dichte Zentrum der Stadt geht.
Das Hallendach ist der Himmel und besteht vielleicht aus einigen Baumkronen. Denn wie grün diese Oase werden kann und soll ist nicht einfach und schnell zu beantworten. Dazu bedarf es einer intensiven Auseinandersetzung – aus gärtnerischer Sicht zunächst mit dem Boden. Für einen altersfähigen Baumbestand muss er ausreichend und in bestem Zustand vorhanden sein. Die technischen Einbauten an diesem Ort erlauben sicher keinen dichten Stadtwald. Hier besteht also Forschungsbedarf bevor freiraumplanerische Lösungen angedacht werden.
Ein Flusssystem bringt häufig neue Pflanzensiedler mit sich – vielleicht können wir künftig auch Plätze für das spontane und temporäre Auftreten von Pflanzen anbieten? Eine bunte Wien-Heisslände, anspruchslos schön und biodivers?
Kennen Sie aktuelle „good practice“ Beispiele, die hier als Vorbild für eine moderne und klimafreundliche Freiraumgestaltung dienen können?
Die Pflanze in der Stadt ist neben ihrer klimabeeinflussenden Funktion ein wichtiges Designelement für atmosphärisches Ambiente. Design zielt heute mehr denn je auf Nachhaltigkeit ab – oft auf Nutzung vorhandener Strukturen und funktionale Umkodierung. Das in Berlin angesiedelte Landschaftsarchitekturbüro Le Balto schneidet Asphaltflächen auf und fügt starke Pflanzen ein – Sträucher und wüchsige Stauden, fast eine tropische Wildnis kann so auf kleinem Raum entstehen. Auf einem städtischen Platz in Sheffield wurde eine großes baumbestandens Rasenstück in ein überdimensionales Pflanzengefäß gepackt. An den Rändern bestehen beschattete Sitzmöglichkeiten und obenauf ist ein Mittagspausen-Picknick kein seltener Anblick. Vom Prinzip her zeigt das eine gelungene Gewinnung von Freiraum, auch wenn Technik und viel Material zum Einsatz kommt. Das stark verbaute Wiental wäre ein spannender Ort für ganz innovatives Denken im Einsatz von Pflanzen – ein Wiener Boulevard für neue grüne Mode – ganz subtil, ohne den Freiraum zu beschränken zur Unterstützung des dynamischen städtischen Lebensalltags in unserer besonderen Zeit!
Was wären für Sie als Anrainerin wichtige Kriterien und Ideen für eine Bepflanzung?
Unterstützung der Freiraum- und Baustruktur/ Orientierung schaffen mit Gehölzen und Grünstrukturen; lineare Achse (Wiental) stärken; spezielle thematische Bepflanzung: Aufbrechen der Linearität und den besonderen Ort hervorheben;
Schatten / soweit möglich mit Großbäumen;
Grüne Oberflächen – Versickerung des Oberflächenwassers, Verdunstung und Verringerung der Wärmeentwicklung / Partielles öffnen von Asphalt und dichte Bepflanzung, Oberflächenvergrößerung – Pflanzenwände, Pflanzenvorhänge (vor bestehendem Mauerwerk); Soziale Komponente/ Pflanzenflohmarkt, öffentliche Gartenaktionen – Kunst und Pflanze, Austauschplattform von Garten- und Pflanzenwissen unter den Generationen (Anrainer*innen).