Jan Tabor

© Philipp Amin

Tschechisch-österreichischer Architekt, Architekturtheoretiker, Kulturpublizist und Ausstellungsmacher

Eine Gestaltung mit einem temporären Charakter, die Unvorhergesehenes und verschiedene Funktionen zulässt.

Verschriftlichtes Statement


(Aufgenommen am Naschmarkt, 18. Juni 2021)

Man müsste das ganze Problem urbanistisch angehen. Ich habe Renderings von einem Park gesehen. Das ist für mich eine Illusion, der Platz ist weder aufgrund seiner Geschichte noch aufgrund seiner Beschaffenheit ein Park. Das Problem ist hier auch die Benennung. Wenn du sagst „Park“, dann soll es auch ein wirklicher Park sein. Die Wientalterasse beispielsweise wird gut angenommen. Dort ist so etwas wie ein Park auch vorgesehen, aber hier nicht. Eine Begrünung um zu kühlen sollte es aber geben, aber kleinteiliger. Da wo wir gerade sitzen (Steinbank an der rechten Wienzeile, Nähe Rüdigerhof), das ist doch sehr gut und wird auch von den Menschen angenommen. Die Pflanzen könnten vielleicht am Rand des Platzes stehen. Irgendwie muss man jedenfalls begrünen. Ich bin kein großer Freund der Natur aber ohne Bäume geht es nicht. 

Die Parkplätze sollten reduziert werden und nur noch für Anrainer angeboten werden. Die Autos stehen schon überall und brauchen keinen eigenen Platz. 

Nach dem Anschluss von Deutschland an Österreich 1938 wurde die Rechtsfahrordnung in Österreich eingeführt, aber früher ist man auf der linken Wienzeile in die Stadt hineingefahren, wie man auch an der Architektur und Gestaltung erkennt. Diese zeigt an, wo die Stadt beginnt und das sollte auch die neue Umgestaltung am Naschmarkt-Parkplatz anzeigen. 

Das Problem mit der Offenlegung des Flusses ist, dass die Stadtplaner in Wien die Gewässer schlecht behandelt haben. Deshalb ist der Wienfluss auch kein Fluss, sondern ein Kanal. Früher war es einmal der wichtigste Fluss, wichtiger als die Donau, die damals nur Urwald war. Der Wienfluss war die Ader der Stadt. Die Ideen den Wienfluss offen zu legen halte ich jedoch für fragwürdig und eher romantisiert. Bei der Umgestaltung sollte man sich auf jeden Fall an der Achse des Wientals orientieren, das ist eine natürliche, funktionelle Achse. 

Was mit dem Flohmarkt passieren soll ist schwierig. Es wäre möglich eine Ersatzlokalität für ihn zu finden. Aber die ganze Woche den Platz für ihn freizuhalten ist eine Verschwendung. 

Eine Halle finde ich schwierig. Es wäre jedenfalls nicht möglich, dass dann ab 18:00 Uhr die Leute rausgeschmissen werden und sich nicht mehr dort aufhalten dürfen. 

Die neue Gestaltung müsste etwas temporäres sein. Mir gefällt zum Beispiel am Karmelitermarkt, unter welchen sie eine Garage gebaut haben und daher keine Bäume pflanzen können, dass die Buben und auch die Mädchen dort Fußball spielen und den Boden mit Kreide bemalen. Das scheint mir irgendwie gut. Es müsste etwas sein, dass Unvorhergesehenes zulässt. Also mehrfach bespielbar mit verschiedenen Funktionen, begrünt, aber kein Park. Da könnte ich mir auch vorstellen, dass dort irgendwo ein kleines Theater entsteht. 

Der Begriff des „Supersommers“ sollte außerdem bei der Umgestaltung Eingang finden. Man muss den Menschen ermöglichen sich sowohl in ihren Wohnungen und im Freien wieder aufzuhalten.