DI Jakob Grohmann

© Jakob Grohmann

Lehrbeauftragter an der Universität für Bodenkultur Wien
Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau

“Es besteht die große Chance, die versiegelte Fläche zwischen Kettenbrücke und Steggasse zu entsiegeln. Es können offene, begehbare Grünflächen, Wiesen, Staudenbeete, Hecken und kleine Baumreihen entstehen, die einen wertvollen Beitrag für die klimafitte Stadt liefern. Eine Überbauung mit einer Halle wäre ein weniger klimafitter Ansatz.”

Interview

Ich würde Sie bitten sich kurz vorzustellen. 

Dipl.-Ing. Jakob Grohmann, Landschaftsplaner und seit 25 Jahren im Bereich der Planung, Bau und Pflege von Grünräumen beschäftigt; derzeit in der Forschung und Lehre an der Universität für Bodenkultur tätig;

Wie sehen Sie die aktuellen Entwürfe einer Markthalle am Naschmarkt Parkplatz, aus Ihrer Fachperspektive?

Es ist kein Bedarf und keine Notwendigkeit für eine Markthalle in unmittelbarer Nähe zum bestehenden Naschmarkt erkennbar. Der bestehende Freiraum soll keinesfalls durch ein Bauwerk geschlossen und überbaut werden. Eine offene Grünfläche mit größtmöglicher Entsiegelung ist anzustreben.

Ist die Markthalle eine klimafreundliche und moderne Lösung?

Die Klimaverträglichkeit wird im städtischen Raum in großem Maß durch eine höchst mögliche Entsiegelung und Wasserspeicherung am Standort gefördert. 

Ist eine Halle aus Glas die beste und klügste Möglichkeit eine Kühlwirkung zu erzielen?

Eine Kühlung der Fläche ist durch eine Entsiegelung der Fläche wirkungsvoller. Dadurch kann Wasser am Standort gespeichert werden und sukzessive an die Umgebung über den Boden und die Vegetation wieder abgegeben werden. Eine Kühlung ist indirekt durch helle Flächen und damit stärkerer Abstrahlung und dadurch geringerer Erwärmung der Oberfläche möglich. Der Kühleffekt durch die Wasserspeicherung kann dadurch nicht genutzt werden.

Welche zusätzlichen Kosten würde eine Markthalle für das Klima bedeuten?

Eine zusätzlich erforderliche Kühlung durch Wasserbrunnen oder andere Bewässerungen würde jedenfalls zu zusätzlichen Kosten führen.

Gibt es andere moderne Lösungen den Platz zu kühlen?

Die Fläche kann weitgehend entsiegelt werden. Dadurch wird das Regenwasser am Standort gespeichert. Es steht den Pflanzen – Stauden, Gräser, kleine Sträucher, Kletterpflanzen und randlich auch Bäumen – zur Verfügung. Die Pflanzen bewirken durch die Verdunstung eine Erhöhung der Luftfeuchtigkeit und eine Kühlung der bodennahen Luftschichten.

Kennen Sie aktuelle „good practice“ Beispiele, die hier als Vorbild für eine moderne und klimafreundliche Freiraumgestaltung dienen können?

Im Nahebereich des Naschmarktes sind gute Beispiele für offene, extensiv genutzte Freiflächen und aktuelle Entsiegelungen zu finden. Ich möchte die Wiese bei der U4-Station Margaretengürtel, die Nevillebrücke, die Wientalterrassen und den Ernst-Arnold-Park nennen. Mit der zu entsiegelnden Fläche bei der Kettenbrücke würde ein weiteres Grünelement im Wiental entstehen und damit zu einer kleinklimatischen Verbesserung führen. 

Wie stehen Sie als Wiener zu dem aktuellen Entwurf?

Es liegt noch kein Entwurf vor. Seitens der Stadt Wien wird eine offene Markthalle auf einem Drittel der Fläche vorgeschlagen. Ich sehe diese Idee kritisch, weil ich keinen Bedarf für eine Halle erkenne und die Notwendigkeit zur Entsiegelung sehe, damit ein Schritt zur klimafitten Stadt gemacht werden kann. Dieses Ziel wird mit einer Halle weniger gut erreicht.